Billiges Öl wird weniger, Gas ist reichlich da, Bio geht zur Not auch: Im Treibstoffmarkt tut sich was. Ein Uniti-Seminar suchte Antworten auf die Frage, was unsere Autos wie in Zukunft antreibt.
In England regelte der so genannte Red Flag Act von 1865 bis 1896 Teile des Verkehrs. Die damals noch mit Dampf angetriebenen Automobile galten als unsichere Ungetüme und gefährlich für den restlichen Verkehr. Deswegen musste vor ihnen im Schritttempo ein Mann mit roter Flagge gehen, um auf die angebliche Gefahr aufmerksam zu machen. Im Endergebnis fielen die bis dahin in Antriebstechnik führenden Briten hinter Deutsche und Franzosen zurück, bei denen es – logisch – diese heute idiotisch anmutenden Beschränkungen nicht gab, die letztlich Forschung und Investition in neue Antriebstechniken hemmten. Die Herren Daimler, Otto und Diesel entwickelten in dieser Phase die heute noch den Weltverkehr bestimmenden Motoren.
Manchmal kann ein Blick zurück für die Gegenwart und vor allem für die Zukunft erhellend sein. Deswegen erwähnte Sebastian Dörr von Neste Oil dieses Beispiel während des Uniti-Seminars „Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren“ in Leipzig Ende November. Seine Firma ist spezialisiert auf Hydrierte Pflanzenöle (HVO für Hydrotreated Vegetable Oils). Und die könnten im Treibstoffmarkt der Zukunft eine Rolle spielen. Voraussetzung dafür: Keinerlei politische Beschränkungen, stattdessen Forschung, Entwicklung und fairer Markteintritt.
Dabei schlägt der von seinem Unternehmen produzierte regenerative Kraftstoff gleich zwei Fliegen mit einer Klappe, die für einen Kraftstoff mit Zukunftspotenzial unabdingbar sind: Er wird nachhaltig hergestellt, in der Regel aus Öl- und Fettabfällen, und er verbrennt deutlich sauberer als konventionelle Treibstoffe. Der Clou dabei: Das Produkt NExBTL Diesel hat eine deutlich bessere Cetanzahl (75 bis 99) als normaler Diesel (laut Norm EN590 sind das 53). Und – Dieselkaltstarter im Winter können sich freuen – der Ausflockpunkt (CP), also einer der Parameter, die für Kälteeigenschaften wesentlich sind, liegt bei ‑5 bis ‑30 Grad Celsius. Herkömmlicher Diesel kommt gerade mal von 0 bis ‑12 Grad. Eine entsprechende Winterqualität lässt sich nur mit Additiven erzeugen.
HVO schon jetzt einsatzfähig
Dörrs Diesel ist dabei keine Zukunftsspinnerei. Mercedes Benz hat bereits einen einjährigen Feldtest mit insgesamt 3,3 Millionen Kilometern absolviert. Dabei wurden 2.000 Tonnen CO2 eingespart sowie Stickoxide um 15 Prozent und Feinstaub um 60 Prozent reduziert. Es gab zudem sommers wie winters keine Probleme mit dem kontinuierlich überwachten Motor.
Die Lufthansa vertraute ebenso dem Treibstoff. Auf der Strecke Frankfurt/Hamburg wurden während eines Versuchs im letzten Halbjahr 2011 insgesamt 800 Tonnen verflogen – als 50-prozentige Beimischung in einer Turbine eines Airbus A321. Danach wurden beide Triebwerke auseinandergenommen und verglichen. Ergebnis: Die Bio-Turbine sah genauso aus wie die konventionell betriebene. …
Bio-Probleme beim Diesel
Beim Diesel sieht das mit dem Bio schon anders aus. Sieben Prozent Beimischung, in der Regel von FAME (veresterten Pflanzenölen), sind in der Norm schon vorgeschrieben. Mehr, so Uwe Mayer von Total, sollten es nicht sein. Bei höheren Konzentrationen sorgen verstärkt Pilz- und Bakterienbefall an den Filtern für Störungen. Zudem gibt es Dichtungsprobleme, die wiederum zu Motorenölverdünnung bei Fahrzeugen zurückzuführen sind, die vorrangig auf Kurzstrecken fahren.
Die Verbesserungen müssten also auf anderen Gebieten gefunden werden. Ähnlich wie beim Benzin gibt es noch kleine Potenziale zur Senkung des Schwefelgehalts. Wichtiger ist jedoch die Vermeidung von Wasser im Treibstoff. Denn der, so Mayer, begünstige Mikroben, die als „Dieselpest“ gefürchtet sind.
Winter bleibt Knackpunkt
Ein weiterer Forschungsgegenstand der Treibstoffhersteller bleibt die Winterfestigkeit des Diesels. Die ist aufgrund der Ausfälleigenschaften von Paraffin bei tieferen Temperaturen eindeutig schlechter als bei Benzin. Helfen kann hier ein ganzer Mix an Additiven, die sowohl die Fließeigenschaft verbessern als auch die Bildung von Paraffinkristallen beeinflussen. Diese fallen dann nicht allzu groß aus und können durch Treibstoffleitungen und Filter rutschen. …
Geschrieben für Brennstoffspiegel und Mineralölrundschau, Ausgabe 1/2013. Der vollständige Beitrag ist nur in der Printausgabe zu lesen.
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