Über die Sicherheit der russischen Gaslieferungen nach Europa (Gesamtimporte ca. 167 Mrd. Kubikmeter lt. Der Spiegel) wird derzeit viel spekuliert. Das Szenario: Die Ukraine könnte sich aus den durch ihr Territorium verlaufende Trassen für Europa bestimmtes Erdgas zur eigenen Versorgung abzweigen, worauf hin Russland bzw. Gazprom als Staatskonzern und Besitzer des Gases und eines Teils der Leitungen diese sperrt. Bisher ist dies noch nicht vorgekommen, auch wenn 2012 eine solche Situation bereits bestand.
Fakt ist, dass ein Großteil der Gazprom-Exporte tatsächlich über die Ukraine laufen, hier über die Pipelines Sojus mit 26 Mrd. Kubikmetern und Brotherhood mit 30 Milliarden Kubikmetern. Jedoch kann ein Teil auch über North Stream (55 Mrd. Kubikmeter) geleitet werden. Diese verläuft nicht durch die Ukraine, ist aber auch nicht in der Lage, den kompletten europäischen Bedarf an russischem Erdgas zu decken, zumal sie derzeit schon zu über 50 Prozent ausgelastet ist.
Spekulationen, die Slowakei könnte die Sojus-Pipeline nutzen um Erdgas in die Ukraine zu liefern, wurden von dem Land inzwischen zurückgewiesen. Erstens wolle man die Verträge mit Gazprom, denen das entscheidende Leitungsstück gehört, nicht verletzen, zweitens sei die umgekehrte Gaslieferung in einer Pipeline ein recht komplizierter Prozess.
Damit sind auch die Pläne des deutschen Energieversorgers RWE hinfällig, der genau auf diesem Weg rund 5 Mrd. Kubikmeter an die Ukraine liefern wollte. Deren Bedarf liegt allerdings bei 25 Milliarden Kubikmetern im Jahr. Liefern tut RWE statt dessen seit vergangenen Woche über eine polnische Pipeline . Diese hat jedoch eine deutlich geringere Leistungsfähigkeit.
Eine weitere Komponente wären außereuropäische Importe. Nach den Worten des spanischen Außenministers José Manuel García-Margallo könnte Algerien über Spanien zwischen 50 und 60 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr nach Europa liefern, so das Portal Stimme Russlands. Doch selbst wenn dies gelänge – der derzeitige Stand der Infrastruktur spricht dagegen – lassen sich damit die russischen Importe niemals vollständig ersetzen. Auch Norwegen könnte nur maximal 10 Mrd. Kubikmeter mehr fördern.
Bleibt zu konstatieren: Eine sichere europäischen Gasversorgung setzt eine Verständigung zwischen Russland und der Ukraine voraus. Bleibt die aus oder kommt es gar zu kriegerischen Konflikten, wäre eine sichere Versorgung Europas und damit Deutschlands mit russischem Erdgas allein schon aus Kapazitätsgründen des Pipelinesystems gefährdet. Etwas abgefedert werden könnte dies durch die deutschen Erdgasspeicher, die verpflichtet sind, rund 30 Tage die Versorgung bei einem mittleren Winter aufrecht zu erhalten. Nimmt man alle Untergrundspeicher in Deutschland zusammen, so könnten sie die Versorgung sogar von 90 Tagen sicherstellen. Allerdings trat dieser Fall noch nie ein, sprich: Ob das Ausspeisen der Reserve im Ernstfall überall und fehlerfrei gelingt, kann niemand sagen.
Geschrieben für Bund der Energieverbraucher.
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