Manchmal ist man ja auch als energieaffiner Journalist nicht vor Überraschungen im Briefkasten gefeit. Unsere Lieblings‑, weil hier einzige Tageszeitung LVZ wartete am Samstag mit der Beilage von Chrismon auf, einem evangelischen Magazin, das monatlich auch anderen Blättern beiliegt. Da es dieses Mal um mein Lieblingsthema Energie ging (Hefttitel: „So läuft das doch nicht“), war ich als Atheist ein wenig neugierig.
Der Titelbeitrag drehte sich um die Behauptung „Ich brauche nun mal ein Auto!“ Dabei werden allerhand richtige und wichtige Fakten zusammengetragen, etwa, dass die Stromwirtschaft den höchsten CO2-Ausstoß produziert oder dass Fernreisen wenig umweltfreundlich sind. Generell wird jedoch der Autoverzicht propagiert – allein schon, um die Umwelt zu schonen.
Dummerweise finden sich im Heft zwei Anzeigen von Kreuzfahrt-Veranstaltern. Kreuzfahrt-Schiffe, insbesondere die dort beworbene MS Albatros, mit der es ins Heilige Land gehen soll, verbrennen Schweröl, ein Raffinerie-Produkt, das sonst anderwertig kaum zu verwenden ist. Laut einer aktuellen Studie eines Radebeuler Ingenieurbüros zur Abgasbelastung im Hamburger Hafen, die vom FOCUS zitiert wird, produziert ein mittelschwerer Kreuzer bei laufenden Maschinen jede Stunde etwa so viel Feinstaub wie 50 000 Autos bei Tempo 130, so viel Stickstoffmonoxid wie 45 000 Autos und so viel Kohlendioxid wie 7.000 Autos. Die Albatros fällt auch unter diese Kategorie.
Einerseits den Individualverkehr verdammen, weil er die Umwelt schädigt, andererseits für eine schlimme Dreckschleuder werben, um damit Geld zu verdienen – in der Bibel nennt man dies pharisäerhaft.
Titelbild: Eignet sich nicht zur Weltrettung: Die MS Albatros. Grafik: Chrismon /RIW Touristik GmbH
0 Kommentare