Foto: Urbansky

Heizöl-​Verbot auch in Deutschland?

von | 8. Oktober 2014

Die Dänen müssen in Zukunft auf Öl und Gas verzichten, die Berner haben ein ähnliches Ansinnen abge­schmettert. Wäre ein Verbot von Öl und Gas zu Heiz­zwecken auch in Deutschland vorstellbar? Eher nicht.

In Dänemark dürfen seit Beginn des Jahres 2013 keine Öl- oder Gashei­zungen mehr in Neubauten instal­liert werden. Für Bestands­a­nie­rungen gilt dieses bislang härteste euro­päische Verbot ab 2016. Das hat die Regierung beschlossen, wohl wissend, dass beide Ener­gie­träger in Dänemark gerade mal auf 27 Prozent aller Heiz­quellen kommen.

Der dänische Wärme­markt ist viel kleiner, das Land hat insgesamt nur 5,5 Millionen Einwohner. Zudem ist der Markt­anteil von Heizöl und Erdgas dort schon immer vergleichs­weise gering gewesen. Weit verbreitet sind in Dänemark Fern­wär­me­netze, die von Kohle‑, Gas- oder Biomas­se­heiz­kraft­werken versorgt werden“, konsta­tiert IWO-​Chef Christian Küchen.

Auch die Berner standen vor der Entscheidung, über ein Heizöl- und Gasverbot abzu­stimmen. Immerhin hatten die Schweizer die basis­de­mo­kra­tische Wahl und bekamen die Beschlüsse nicht von einer Regierung vorge­setzt. Am 3. März 2013 waren sie aufge­rufen, über die Initiative „Bern erneu­erbar“ abzu­stimmen. Die enthielt neben einer Verpflichtung zu erneu­er­barem Strom ebenso wie die Dänen einen Erneuerbaren-​Zwang für Neubauten und anste­hende Sanie­rungen. Schaut man dem Volk aufs Maul, sprich: lässt es wählen, ist es nicht weit her mit den Erneu­er­baren. Und zwingen lassen will sich schon gar keiner. 65,3 Prozent der Berner schmet­terten den Vorschlag ab. Selbst ein abge­schwächter Gegen­entwurf fand keine Mehrheit. Eigentlich kein Wunder. Denn je Haus­sa­nierung wären Kosten zwischen 150.000 und 250.000 Schweizer Franken nötig geworden. Ener­gie­ex­perten der Wirt­schafts­ver­bände hatten zudem errechnet, dass dies umge­rechnet auf die gesamte Schweiz 280 Milli­arden Franken gekostet hätte – für jeden Schweizer also 35.000 Franken. Auch in einem der reichsten Länder der Welt kein Pappenstil.

In Deutschland gibt es ebenso Anschluss­zwänge und Verbote für Öl oder feste Brenn­stoffe. Oft haben Stadt­werke hier ihre Hände im Spiel und wollen, meist auf Kosten der Inves­toren und späteren Mieter, einen Anschluss­zwang etwa an ihr Fernwärme- oder Gasnetz durch­setzen. Doch wäre ein landes­weites Verbot, wie in Dänemark, überhaupt vorstellbar?

Allein die Markt­daten sprechen dagegen. „In Deutschland sind gegen­wärtig rund 10 Millionen Wohnungen ölbeheizt, das macht einen Markt­anteil von knapp 30 Prozent aus. Hinzu kommen etwa 17,5 Millionen gasbe­heizte Wohnungen, ihr Anteil liegt bei knapp 50 Prozent“, rechnet Küchen.

Man könnte meinen, dass allein diese Markt­macht einer poli­ti­schen Entscheidung contra Heizöl und Gas entge­gen­stünde. Doch die Ener­gie­po­litik schlug in den letzten Jahren einige Kapriolen. Deswegen sollte man sich die Gestal­tungs­mög­lich­keiten deutscher Ener­gie­po­li­tiker etwas genauer anschauen.

Ein Beispiel ist die steu­er­liche Abschreibung ener­ge­ti­scher Sanie­rungen. Der Bund hatte via Umwelt- und Wirt­schafts­mi­nis­terium vorge­schlagen, dass Sanierer weniger Steuern zahlen müssten. Die dabei ausfal­lenden Staats­ein­nahmen hätten auch die Länder zu tragen gehabt. Mit ihrer Stimme im Bundesrat blockierten sie das Vorhaben anderthalb Jahre lang, um es dann ganz sterben zu lassen.

Küchen sieht noch eine andere Gefahr: „Es gibt poli­tische Stimmen und Parteien in Deutschland, die Dänemark oder andere skan­di­na­vische Länder in dieser Hinsicht als Vorbild betrachten. Das zeigt sich unter anderem in den Diskus­sionen über Wärme- oder Klima­schutz­ge­setzte, die auf Bundes- und Länder­ebene geführt werden.“ Auch in ersten Entwürfen des inzwi­schen veröf­fent­lichten Erfah­rungs­be­richtes zum Erneuerbare-​Energien-​Wärmegesetz des Bundes­um­welt­mi­nis­te­riums wäre diese Idee aufge­taucht, wenn auch verklau­su­liert als „Abwrack­prämie“ für alte Öl- und Gasheizungen.

Fazit: Brennstoff-​Verbote drohen in Deutschland eher auf kommu­naler Ebene. Mit Sanie­rungs­zwängen á la Dänemark ist nicht zu rechnen. Bisher setzt die Politik eher auf Markt­me­cha­nismen und Anreize, mit Ausnahme der Grünen quer durch alle Parteien.

Geschrieben für Brenn­stoff­spiegel, Ausgabe 5/​2013. Der voll­ständige Beitrag ist nur dort zu lesen. Zum kosten­freien Probeabo geht es hier.

Titelbild: Urbansky

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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