Die Medien überschlugen sich mal wieder, als RWE gestern in Ibbenbüren seine Power-to-Gas-Anlage einweihte. Dabei gab es Befürworter und Zweifler, die hier von wiwogreen zusammengestellt wurden.
Die Zweifler haben definitiv die besseren Argumente auf ihrer Seite. Das wichtigste: Mangelnde Effizienz. Selbst bei wohlmeinenden Berechnungen bleiben kaum mehr als 30 % der eingesetzten Energie übrig, würde man aus der Edelenergie Strom erst Wasserstoff per Elektrolyse herstellen, dann diesen, damit man ihn ins Erdgasnetz einspeisen kann, mit CO2 zu Methan aufaddieren und dieses dann entweder zu verbrennen oder in Strom zurückzuverwandeln. Letzteres erscheint ob des derzeitigen Dilemmas der Gaskraftwerke komplett absurd. Und bei den 30 % sind weitere Verluste, etwa bei der Kompression des erzeugten Methans zur Befüllung eines Speichers oder zur Einspeisung in ein Gasnetz, nicht berücksichtigt.
Wahnsinns-Aufwand
Ein technologischer Aufwand, der schlicht überflüssig ist, wie das Handelsblatt einschätzt. Und es zitiert den Energieexperten am Karlsruher Institut für Technologie, Olaf Wollersheim: „Nichts ist teurer als mithilfe von Power-to-Gas gespeicherte Energie aus Solar- oder Windkraft, wieder in Strom umzuwandeln“. Die sogenannte Rückverstromung sei wirtschaftlich völlig sinnlos, da gut 70 Prozent der ursprünglich eingesetzten Energie bei dem Vorgang verpuffe.
Oeko Institut weiß bescheid
Bereits im März letzten Jahres kam das Oeko Institut in einer Studie zu ähnlichen Einschätzungen. Darin heißt es unter anderem:
… einer großtechnischen Anwendung (stehen) unterschiedliche grundlegende Hindernisse und Widersprüchlichkeiten entgegen:
Kurz- und mittelfristig bieten sich andere Alternativen. In der chemischen Industrie wird derzeit im großen Maße Wasserstoff aus Erdgas hergestellt. Eine gleichzeitige Methanisierung und Wasserstoffherstellung aus Erdgas ist aber nicht sinnvoll. Daher bietet der Einsatz von Elektrolysewasserstoff in der chemischen Industrie ein großes Potenzial, um Stromüberschüsse nutzbar zu machen und gleichzeitig relevante Mengen an CO2-Emissionen einzusparen.
In der längerfristigen Perspektive zeigt sich, dass unter der Annahme einer ambitionierten Klimaschutzpolitik mit entsprechenden drastischen Emissionsminderungen kaum mehr Kohlendioxid aus konzentrierten Quellen zur Verfügung steht, sodass auf die energetisch, technisch und finanziell aufwändige Abscheidung von Kohlendioxid aus der Luft zurückgegriffen werden müsste.
Eine ökonomische Analyse zeigt zudem, dass in Wirtschaftlichkeitsberechnungen von Methanisierungsanlagen oft sehr optimistisch sind und zudem häufig wichtige Kostenfaktoren vergessen werden.
Eine schnelle und großflächige Einführung der Power-to-Gas-Technologie wird daher nicht empfohlen. Vielmehr scheint es sinnvoll einige wenige Demonstrationsprojekte über Investitionskostenzuschüsse zu fördern. Eine Förderung des Betriebs von Methanisierungsanlagen sollte nicht erfolgen, da dies dazu führen könnte, dass die Methanisierungsanlagen auch dann betrieben werden, wenn Strom in fossilen Kraftwerken produziert wird. Deshalb ist eine Befreiung der Power-to-Gas-Technologie von den Netznutzungsentgelten oder von der EEG-Umlage nicht sinnvoll.
Rechtfertigung der eigenen Netze
Eigentlich hat sich auch mit Ibbenbüren daran nichts geändert. Power-to-Gas zeigt vielmehr, dass die leitungsgebundenen Energieerzeuger und ‑lieferanten eine Rechtfertigung (und natürlich Auslastung) für ihre Netze auch in der Zukunft suchen. Power-to-Gas könnte da aus deren Sicht ein Baustein sein.
Keine Alternative für Allgemeinheit
Für die Allgemeinheit jedoch ist es das mit Sicherheit nicht. Allenfalls wäre es sinnvoll, den so gewonnenen Wasserstoff direkt in Brennstoffzellen zu nutzen. Doch dafür fehlen Infrastruktur und Abnehmer. Auch ein direktes Verwandeln überflüssigen Stroms in eine Endenergie, etwa bei Power-to-Heat, ist da noch deutlich effizienter.
Experten setzen eher auf einen Ausbau der Stromnetze und rechnen mit einem Durchbruch bei den Batterien, die ja jetzt schon kontinuierlich ihr Speichervermögen steigern. Das alles ist deutlich effizienter als das mehrfache Umwandeln einer Energieform in die nächste, nur um am Schluss wieder bei der Ausgangs-Energieform zu landen. Und wenn NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin behauptet, das Verfahren habe das Potenzial, eine zentrale Rolle für die Energiewende einzunehmen, zeugt das einmal mehr von der Ahnungslosigkeit und der Industriefixiertheit der Politik in Sachen Energiewende.
Also – No future für Power-to-Gas!
Vorschaubild: Windkraftanlage für Powwer-to-Gas bei-Prenzlau Molgreen /Wikimedia /unter Lizenz CC-BY-SA 4.0
No future für Power-to-Gas?
Dass wir noch jahrzehnte die Energiewende vorranbringen können und das auch ohne Power2Gas, dem würde ich zustimmen.
Aber wie soll ohne P2G 100% EE erreicht werden?
Power2Heat ist eine Einbahnstraße. Damit kann man wunderbar fossile Brennstoffe einsparen aber keine gesicherte Wärme oder Stromversorgung herstellen.
Batterien werden auch in Zukunft keine Saisonalspeicher werden.
Ich sehe keinen Weg ohne Power2Gas auf 100% zu kommen.
Hallo Kilian,
auf Dein Frage – was tun – woher realistisch stattdessen nehmen was bald laut einiger Pessimisten bald wech ist ?
Geld ist nicht das Problem – „wir” sehen da lediglich so . Selbst wenn derzeit von etwas, was keine Nachschubprobleme hat, etwas – gern auch viel – „verschwende wird”, ist das für die solare Energiebilanz vollkommen gleichgültig.
Noch ist genügend fossile Energie vorhanden um die notwendigen Energiewandler zu produzieren. Deren EROI erlaubt es nach und nach sich selbst zu reproduzieren – fraglich werden lediglich die dazu benötigten Rohstoffe bzw. das Recycling der vorhandenen Rohstoffe sein. Noch ist der „Point of no return“ wo sich die täglich „notwendige“ Energie und die „graue Energie“ für die Produktion von EE-Maschinen nicht gegenseitig behindern wird, erreicht.
Was bedeutet „nur 30% Netto” – wie sieht das bei fossilen Prozessen aus – sind die soooviel besser ? Dort wir allerdings immer Unwiederbringliches verbraten. Bei im Prinzip „solaren Ketten“ wird lediglich „umgeformt“ was sowieso schon da ist und für ein „paar kommende Jährchen“ auch immer da sein wird. Nun ja falls uns nicht sowieso im September diesen Jahres der angekündigte böse Asteroid allen den Gar ausmacht.
Mir ist angesichts der tatsächlichen Kräfteverteilung zwar nicht ganz gleichgültig, wer „das Geschäft“ macht. Aber wenn es dadurch erst mal den notwendigen „Aufschub“ gibt, würde ich das durchaus akzeptieren.
Sobald ich etwas mehr Zeit habe, werde ich die Zahlen wer, was für welche Zwecke derzeit „verbrät“, so zusammenfassen, das auch der größte Optimisten (das sind alle denen wichtige Informationen zu fehlen scheinen) begreifen, wir sind JETZT für diese Zukunft verantwortlich. Wer daran letztendlich verdient, ist mir solange gleichgültig, wie es tatsächlich „funktionell richtig“ ist.
Nun nochmal die Frage WAS bitte soll die erforderlichen Energiemengen in „brauchbarem Format“ der postfossilen Welt liefern ? Die dennoch und sowieso erforderlichen Energiesparmaßnahmen kannst Du gleich weglassen….
Nun ja – PV ist für D ungeeignet – über 3% wird diese Technologie nicht hinauskommen… So oder so ähnlich wurde zu Beginn der Einführung von PV von einem gewissen Herrn geunkt, der noch was von Ananaszüchtung auf der Antarktis zur „Verstärkung“ seiner Argumente brabbelte.
Schön, das wir nun hören dürfen, zur Fortsetzung des fossilen Zeitalters gibt es keine Alternative. Wäre D heute bereits zu 100% mit EE „stromversorgt“, bleibt immer noch die kleine Lücke von ~ 79% des derzeit erforderlichen Primärenergiebedarfs. Dafür gibt es noch nicht mal im Ansatz eine Lösung.
Sicher, „wir“ können da fleißig einsparen. Das werden spätestens unsere Nachkommen auch müssen ! EE hinterlassen nach dem derzeitigen Stand (an dem sich ja nur sehr, sehr zögerlich überhaupt etwas ändert) eine „Lücke“ von ca. 70%, wenn man den horrenden Bedarf von fossiler Energie zugrundelegt, die derzeit als „unverzichtbar“ für das Funktionieren des Planeten angesehen wird.
Dank meiner (diesmal) „frühen Geburt“, werde ich vermutlich allenfalls den Anfang der „postfossilen Zeitwende“ erleiden dürfen. Für all unsere Nachkommen – und das sind auf absehbare Zeit bei dem Nettozuwachs von 1,1% zur Basis 7,3 Milliarden, jährlich „global“ ~ 80 Millionen MEHR – jedes Jahr ! Leicht nachrechenbar in gerade mal ~64 Jahren werden sich dann ~ 14,6 Milliarden Menschen die noch vorhandenen Energie teilen müssen. Das können unsere „gerade geborenen Enkel“ ganz „sicher“ noch erleben – falls sie die massiven Probleme dieses „Prozesses“ überleben.
Statt „Power to Gas“ (und andere parallel geführte Methoden) wird wohl nur ein großzügig angelegtes Euthanasieprogramm hilfreich sein. Jedenfalls, wenn „schlicht überflüssiger Wahnsinns-Aufwand“ und die Idee, bereits vorhandene Röhrensysteme nicht mit dem teuren „Power to Gas“ zu füllen dann noch eine Rolle spielen.
Was unsere ausschließlich geldorientierte Welt noch schmerzhaft lernen muss – Geld lässt sich beliebig vermehren (sicher die „Werthaltigkeit“ eher nicht) – Energie ist entweder bereits vorhanden und muss „nur“ noch in die gerade benötigte Form gewandelt werden, oder sie ist nicht da und kann auch nicht teuer eingekauft werden. Energie geht auch nicht „verloren“ (wenn sie denn „da“ ist). Für das Überleben – das wird manchem aus dem aus heutiger Sicht maßlos übertrieben vorkommen – ist eigentlich nichts zu teuer. Kleinliche Überlegungen, das jemand „nur das vorhandene Geröhr“ teuer befüllen möchte, finde ich geradezu absurd.
Nicht absurd, wenn den Erdgas, Erdöl und Kohle in unendlichen Mengen vorhanden wären. Was in einer endlichen Welt eher unmöglich scheint. Nun ja, als vor ~ 200 Jahren das fossile Zeitalter so richtig begann, konnte keiner ahnen, was menschliche Gier damit anstellen würde.
Nein, „wir“ – jedenfalls alle die noch mit einer gewissen Portion Vernunft ausgestattet sich – sollten JETZT bereits alles daransetzen, um die kommenden 70% Lücke wenigstens zu verkleinern. Wer glaubt, dies könne mittels „Batterien“ allein funktionieren (womöglich will ja die Batterieindustrie „nur ihre Röhren füllen“ ?), der muss sich angesichts des Energiegehalts (Wh pro kg des „Trägers) fragen ob er /sie dieses Problem überhaupt auch nur annähernd erkannt hat : Li-Ionen Akku ~200 Wh/kg – Wasserstoff flüssig ~3.600 Wh/kg – Diesel 11.800 Wh/kg.
Noch ein Vergleich – ein „untrainierter Mensch“ leistet bei 170 Herzschlägen ca. 3 W/kg. Ein 90kg Mensch schafft also ~270 Watt (0,27kW) bei („zumutbarer“ Dauerleitung) von 100W/h schafft so einer in 180 h Arbeit 18 kWh im „Mindestlohn“ von 10€/h kostet das dann 1.800 €uro. Jeder darf nun nachrechnen, was es kostet, wenn ein Barrel Öl „arbeitet“. Der „Energiegehalt“ von 159 Liter Öl entspricht ~ 12 JAHREN menschlicher Arbeit. Kein Wunder also, das wir alle wie jeder Junkie gierig und total abhängig am Tropf hängen. Viel Spaß kommende Generation beim den Arbeiten, die bislang noch von „Energiesklaven“ verrichtet werden !
Alle fahren „just in Time“ die komplette Versorgung mit E‑Fahrzeugen zu den „Verbrauchern“ – geradezu lächerlich der Gedanke. Ohne das mühsam und teuer zusammengekratzte „Power to Gas“, wird alsbald nix mehr so sein wie es einmal war.
Gut, nicht Heute oder gleich Morgen, aber in „absehbarer Zeit“ …
Hallo Rainer, mir geht es nicht um eine Fortsetzung des Fossilen Zeitalters, sondern um den sinnvollen Einsatz der Ressourcen. Das gilt auch für Erneuerbare Energien. Power-to-Gas ist nunmal hinsichtlich seiner energetischen Bilanz eine Katastrophe, die zudem eine sehr große technologische Basis benötigt. Allenfalls könnte dies in Europa mit seinem engen Pipelinenetz eine Rolle beim Speichern spielen. In anderen Teilen der Welt nicht. Doch die Rolle sehe ich absolut nicht. Außerdem: Nicht umsonst wird Power-to-Gas generell von Konzernen gepusht, die ihr Geld vorrangig mit Fossilen Energien verdienen.
Hi Frank,
viele hoffen auf Power-to-Gas. So wie Du schreibst wird es erst einmal beim hoffen bleiben. Mich würde im Vergleich der Verlust vom Einspeisepunkt bis zur Steckdose interessieren. Gibt es einen ökonomischen Vergleich der Vollkosten? Der Netzausbau kostet auch und erhält die Abtransportwege des Stroms aus den alten fossilen Kraftwerken. WIe auch immer. Interessanter Artikel!
Ciao Kilian
Hallo Kilian, einen Vergleich der Vollkosten kenne ich auch nicht. Immerhin macht das Oeko-Institut in dem erwähnten Gutachten einen Wirkungsgradcheck bis hin zur Rückverstromung (Seite 10). Hinsichtlich der Kosten werden nur Elektrolyse und Methanisierung beleuchtet (Seite 33 und 34).
Dein Frank