Das Ostdeutsche Energieforum wurde vor vier Jahren gegründet, weil die Wirtschaft hier unter bis zu 40 % höheren Netzentgelten beim Strom leidet als im Westteil des Landes. Zudem unterstützte es die heimische Braunkohle und sieht sie als Partner der Energiewende. Beides Gründe, die man aus Sicht der hiesigen Wirtschaft nachvollziehen kann. Doch die vierte Ausgabe des regionalen Energietreffens, die heute zu Ende ging, betrachtet die Sache Energiewende recht einseitig.
Und das liegt an den Diskutanten. An dem Plenum „ Die Rolle Ostdeutschlands in der Energiewende mit Blick auf die Erzeugung, die Netze und den Vertrieb“ war kein Vertreter Erneuerbarer Energien geladen und auch kein Politiker, der die Regierungslinie vertritt. Statt dessen bürstete Arnold Vaatz, immerhin stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und einstiger sächsischer Umweltminister, kräftig gegen die Linie von Kanzlerin Merkel und Wirtschaftsminister Gabriel. Dafür gab es reichlich Applaus und Zustimmung der Anwesenden.
Doch dass keiner der Podiumsgäste bis auf Frank Büchner von Siemens widersprach, wenn Vaatz die angebliche Unrentabilität der Erneuerbaren beklagte oder die Potenziale der Lastenverschiebung komplett falsch einschätzte, lässt tief blicken. Woher hätte der Widerspruch auch kommen sollen bei reinweg Vertretern fossiler Energien wie VNG oder Mibrag?
Wenigstens vom neuen dena-Chef Andreas Kuhlmann hätte man fundierte Fakten erwarten können. Doch auch der redete der Kohle anhand der angeblich gar nicht so großen CO2-Emissionen das Wort. Dabei ist sein Haus von der Bundesregierung mehr oder weniger damit beauftragt, die theoretischen Grundlagen der Energiewende zu legen und voranzutreiben.
Lediglich ein Vertreter des Windanlagenherstellers Enercon aus dem Publikum wies zurecht darauf hin, dass die Höhe der heutigen Strompreise nicht nur durch die Erneuerbaren bedingt seien, sondern vor allem durch die jahrzehntelange Subventionierung der Steinkohle und die Förderung des Atomstroms. Keiner, auch nicht die dena, sprang ihm bei.
So blieb es bei Vaatz’ Statement, dass die Energiewende einen Zug gleiche, der auf den Abgrund zurase und nur der Bockwurstverkäufer darinnen sich ein gutes Geschäft verspreche. Es hülfe nur eines gegen weiter steigende Strompreise: Ein sofortiger Stopp des EEG.
Doch ein Blick in die Statistiken und auf die Fakten wäre hilfreich. Windkraft ist heute schon mit rund 5 Eurocent je kWh in der Erzeugung marktfähig. Photovoltaik spielt, auch aufgrund der gekürzten EEG-Zuwendungen eine immer größere Rolle für die Eigenversorgung, weil die Gestehungskosten hier deutlich unter den Marktpreisen für Strom liegen. Doch keiner der Diskutanten ging darauf ein.
So blieb es beim „Wir lieben Braunkohle“, wobei niemand ja eigentlich vorhat, die Förderung der Braunkohle und deren Verstromung über Nacht abzuschaffen. Energieblogger-Kollege Kilian Rüfer hat hierzu einen schönen Beitrag geschrieben.
Dabei hat der Osten bei der Energiewende durchaus Erfolge zu verzeichnen. Immerhin wird hier bereits 40 % des Stromes aus Erneuerbaren Energien erzeugt. Im bundesweiten Durchschnitt sind es 25 %. Hiesige Wohngebäude verbrauchen nur ein Drittel der Energie wie im Westteil. Will man eine nach vorn blickende Diskussion – Material gäbe es genug. Statt dessen dominiert der schon fast romantisch anmutende, auf jeden Fall aber engstirnige Blick auf die Braunkohle.
Auf dem 2015er Niveau jedenfalls kann man sich das 5. Ostdeutsche Energieforum 2016 getrost sparen.
Vorschaubild: Tagebau Vereinigtes Schleenhain bei Leipzig. Ginge es nach einigen Teilnehmern, könnte man hier noch 1000 Jahre Braunkohle abbauen. Foto: Joeb07 /Wikimedia /Lizenz unter CC BY 3.0
Es ist schon interessant wie die Vertreter der fossilen Energien sich an jeden Srohhalm klammern und jedes Argument bemühen um die Erneuerbaren schlecht zu reden. Dass die Energiewende nicht für einen Appel und ein Ei zu haben ist, war doch klar. Nach Auslauf der Förderungen werden erneuerbare Energien aber sagenhaft günstig werden.
Wie günstig fossile Energieträger sind, sieht man aktuell ja bei Eon und RWE deren Börsenkurse ins bodenlose fällt, unter anderem auch deswegen weil die Bundesregierung die Energieriesen nicht aus der Haftung für den Rückbau der Atommeiler entlässt. Die Rücklagen von etwa 30 Mrd. € werden für das Recycling und die Endlagerung nicht reichen. Den Rest legt dann der Steuerzahler drauf, was natürlich nicht als „Stromkosten” wahrgenommen wird
Die Sache mit den Netzentgelten ist hausgemacht. Gerade in den Braunkohlerevieren im Osten der Republik existieren zuwenige Stromverbraucher, für die erzeugte Strommengen. Die Folge sind Transporte in den Westen Deutschlands, die allerdings wegen fehlender Leitungen nicht durchgeführt werden können. Die Folge sind Redispatches, welche zunächst dazu geführt haben, dass am Markt ein Kraftwerk an anderer Stelle nicht zum Zug kam, dann die Braunkohlemeiler nicht einspeisen dürfen und zum Schluss der Stromkunde kräftig dafür zahlt. Auf eine Milliarde Euro werden die Kosten für dieses Jahr geschätzt, die man eigentlich als Infrastrukturumlage bezeichnen könnte.
Genau so eine Antwort hätte ich mir auf dem Energieforum gewünscht, aber da kam – nichts. Danke für deinen Kommentar, Thorsten.
Das sind doch mal gute Nachrichten! Und der Herr Vaatz hat doch sogar recht. Wir können die Förderung jetzt sofort aussetzen, da Wind und PV ja bereits jetzt wettbewerbsfähig sind! Energiewende geschafft!
Für Windkraftanlagen älter als 5 Jahre ist die Förderung nach Wegfall der Anfangsvergütung doch quasi abgeschafft.