Gestern wurde ein Berlin gearbeitet, oder zumindest verabschiedet. Gleich drei Gesetze, die die Energieversorgung dieses Landes betreffen, jagte das Merkel-Kabinett durch seine Sitzung, als da wären: Kapazitäts- und Klimareserve, zum Strommarktgesetz und zum Digitalisierungsgesetz. Letzteres scheint kaum auf Gegenfreude zu stoßen.
Zwar freut sich der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne), der all jene vertritt, die jenseits von BDEW und VKU, also Stadtwerken und Großerzeugern bzw. ‑versorgen mit Storm und Gas handeln: „Die Energiewende und die Digitalisierung gelingen mit mehr Wettbewerb und mehr Markt. Die Kabinettsbeschlüsse sind dabei eine wichtige Etappe“, so bne-Geschäftsführer Robert Busch. Das Energiesystem der Zukunft werde auf vielen Millionen dezentralen Erzeugern und Speichern beruhen. Eine intelligente Mess‑, Zähl- und Steuerinfrastruktur, wie sie das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende vorsehe, sei dafür unumgänglich. Meckern muss jedoch auch sein: „Wir hätten uns hier allerdings ein deutlicheres Signal für den Wettbewerb gewünscht. So mangelt es nach wie vor bei der Entflechtung. Aus bne-Sicht muss der Betrieb von intelligenten Messstellen ganz klar vom herkömmlichen Messstellenbetrieb sowie vom Netzgeschäft getrennt werden, auch für Netzbetreiber mit weniger als 100.000 Kunden. Es besteht die Gefahr, dass Messstellenbetreiber und verbundene Vertriebe integrierte Dienstleistungen konzipieren – zum Nachteil von unabhängigen Anbietern.“
Gegenspieler BDEW sieht hingegen nichts Gutes, auch wenn wichtige Forderungen und Empfehlungen der Branche aufgegriffen worden seien. „Es bleiben jedoch auch hier weiterhin zentrale Fragen offen, allen voran die Klärung der Refinanzierung der Investitionskosten bei den Messstellenbetreibern, wodurch die Umsetzbarkeit des gesamten Gesetzes fragwürdig erscheint. Von einem energiepolitischen Durchbruch sind wir auch nach dieser Kabinettssitzung noch weit entfernt”, so die einstige Merkel-Vertraute und BDEW-Chefin Hildegard Müller.
Eine unnötige Verteuerung für die Erneuerbaren sieht Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar): „Wir sehen keine Notwendigkeit für eine Digitalisierungspflicht von kleinen dezentralen Stromerzeugern wie Solarstromanlagen. Es sollte beim Einbau von sogenannten Smart Metern um Wirtschaftlichkeit, Datenschutz und technische Sicherheit gehen und weniger darum, möglichst viele teure Zähler zu installieren.“
In die gleiche Kerbe haut Dr. Hermann Falk, Geschäftsführer des Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE): „Für die Umstrukturierung der Geschäftsprozesse sowie die Entwicklung der erforderlichen IT-Infrastruktur für die Digitalisierung im Energiemarkt hat das Bundeswirtschaftsministerium Vorschläge gemacht, die nicht alle Gesichtspunkte berücksichtigen und sich deshalb negativ auf das System auswirken werden. Der BEE kritisiert die unzureichende Vorbereitung des an sich hochkomplexen Unterfangens. Erst jahrelang verzögert, winkt die Bundesregierung nun in Windeseile einen Gesetzesentwurf durch, der für Wirtschaft und Bürger richtig teuer wird und einige Kernfragen offen lässt. Es ist weder geklärt, was für eine sichere und gute Kommunkationsarchitektur überhaupt benötigt wird noch welche Technik sich dafür eignet. Die Endverbraucher werden mit unnötig hohen Kosten belastet. Zum Beispiel stellen die Entgelte für den Smart Meter nur einen Teil der Kosten dar; der größere Anteil ist versteckt und wird über die Netzentgelte umgelegt werden. Dabei erkennt der BEE keinen dauerhaften Nutzen von einem Smart Meter für Endkunden, die einen Stromverbrauch unter 20.000 Kilowattstunden pro Jahr haben.“
Schützenhilfe bekommen die Erneuerbaren von den Stadtwerken, denn die sehen zu viel Kompliziertes. „Beim Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende sollte darauf geachtet werden, dass Prozesse nicht unnötigerweise verkompliziert und damit ineffizient werden“, so Katherina Reiche, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU).
Niemand hat also die Digitalsierung so richtig lieb. Ist das Gesetz tatsächlich so schlecht geplant? Ein Wunder wäre es nicht. Denn es reiht sich ein in die langsam kaum mehr zu überschauenden mangelhaften Verordnungen und Gesetze zum Thema Energiewende.
Morgen geht’s an gleicher Stelle ums Echo auf die Kohlereserve.
Vorschaubild: Bliebe die Energiewende ohne Digitalisierung, müsste man sie wohl mit einem Abakus stemmen. Foto: Kowloonese /Wikimedia /Lizenz unter CC BY-SA 3.0
Bitte die Überschrift ändern. Ich habe die Digitalisierung lieb.
Ok, Einer hat die Digitalisierung lieb. So besser? Obwohl – mit mir wären wir ja schon zwei.
Halte das Gesetz zur Digitalisierung für sehr gut geplant, denn das Ziel bleibt geheim und wird sogar von den Gegnern totgeschwiegen.
Für die Energiewende ist es zwar überflüssig wie Kropf, aber so bezahlen die Menschen ihre eigene Überwachung mit einer Technologie, von der Gestapo und Stasi nur träumen konnten.
Aber den eigentlichen Knüller eröffnet es macht- und militärstategisch. Es gibt keine bessere Möglichkeit, um Gegnern zur Stillegung, Lähmung und Übernahme einer ganzen Volkswirtschaft alle technologischen Scheunentore zu öffen.
Petition: Keine Zwangserfassung des privaten Stromverbrauchs durch Smart-Meter
Bitte mitmachen!
https://weact.campact.de/petitions/kein-zwangseinbau-der-smart-meter-in-privathaushalten