Was seit 2010 in Baden-Württemberg gilt, will auch Rheinland-Pfalz, oder jedenfalls die dort mitregierenden Grünen. Doch was bringt der Zwang zur Modernisierung? Zwar wurden im Ländle durch die Sanierungsmaßnahmen schätzungsweise 35 Prozent CO2-Emissionen bei Neubauten eingespart. Doch die Modernisierungsquote liegt im absoluten Bundesdurchschnitt.
Erwachsene wollen vor allem eines nicht: bevormundet werden. Wörter wie „müssen“ oder „sollen“ gelten als Reizwörter, die uns aus der Kindheit in unangenehmer Erinnerung sind und auf die wir nur zu gern im täglichen Miteinander verzichten. Was für den Normal-Bürger selbstverständlich ist, ist es für Politiker noch lange nicht. Gerade im Bereich der Energiegesetzgebung wimmelt es nämlich von „müssen“ und „sollen“. Das wenig überraschende Ergebnis: Wie Kinder, die sich bockig stellen, wollen auch als Erwachsene nicht „müssen“ und nicht „sollen“.
Ein Beispiel dafür: Das landeseigene Erneuerbare Wärme-Gesetz (EWärmeG) in Baden-Württemberg. Seit 1. Januar 2010 fordert dies, dass nach Modernisierung durch Austausch der zentralen Heizungsanlage bei bestehenden Gebäuden der jährliche Wärmebedarf zu 10 Prozent (nach der Novellierung 2015 sind es 15 Prozent) aus Erneuerbaren Energien gedeckt werden muss. Weil es die dortigen Landespolitiker so wollen, könnte diese Regelung demnächst Nachahmer in Rheinland-Pfalz finden. Jedenfalls haben die dortigen Grünen einen entsprechenden Passus für ihr Programm zur Landtagswahl am 13. März 2016 aufgenommen.
Check mittels Fakten
Doch wie effektiv war das EWärmeG im ersten Jahr? Für einen entsprechenden Check wurde die Anzahl der Einwohner jedes Bundeslandes ins Verhältnis zur Anzahl der bewilligten KfW-Zuschüsse für energieeffiziente Sanierung, teilte dies, um eine handhabbare Größe zu bekommen, durch 1000. Das ganze wurde für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis 1. März 2011 verglichen – soweit aktuelle Daten verfügbar waren. Die Ermittlung anhand der Bevölkerung und nicht anhand des Wohnungsbestandes wurde deshalb gewählt, weil aktuelle Zahlen zum Gebäudebestand in Deutschland nicht vorliegen und derzeit erst mittels der Volkszählung Zensus erhoben werden. Dabei entstand für Baden-Württemberg eine Sanierungsquote von 4,1 %. Hier die Übersicht:
Das Gesetz hat keinerlei signifikante Steigerung gebracht. Vergleicht man Baden-Württemberg mit anderen Flächenländern, wie Bayern (5,3%), Hessen (5,7%), Rheinland-Pfalz (4,8%) und das Saarland (4,6%), liegen diese bei der Beantragung von KfW-Zuschüssen deutlich darüber – und das ohne ein eigenes Landesgesetz. Selbst die neuen Bundesländer Sachsen (6,2%), Sachsen-Anhalt (4,7%) und Thüringen (7,3%) schneiden im Schnitt besser ab, obwohl der Modernisierungsbedarf hier aufgrund der Nachwende-Investitionen noch nicht so groß ist.
Lediglich die Flächenländer Brandenburg (3,5%), Mecklenburg-Vorpommern (1,7%), Niedersachsen (3,9%), Nordrhein-Westfalen (3,4%) und Schleswig-Holstein (3,3%) liegen unter dem Niveau von Baden-Württemberg. Die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg sind schlecht vergleichbar, da hier ein anderer Energiemix (größerer Anteil Fernwärme) und Eigentümerstruktur (größerer Anteil an Mietwohnungen) existiert.
Fazit
Offensichtlich scheinen Gesetze, die Hausbesitzer zur energetischen Sanierung und zum Einsatz erneuerbarer Energien zwingen, nicht geeignet, die Modernisierungsquote – und das ist ein erklärtes Ziel der Bundesregierung – von derzeit 1 auf 2 Prozent, bezogen auf den Häuserbestand, zu erhöhen. Das legt auch eine Statistik des Bundesverbandes des Schornsteinfegerhandwerks nahe. Demnach schrumpfte die Anzahl der Neuanlagen von 2009 auf 2010 im Ländle um 60 Prozent!
Zumindest ein weiteres Ziel des EWärmeG, der CO2-Ausstoss bei Neubauten, konnte einem ersten Bericht zufolge um 35 Prozent gegenüber herkömmlicher Bauweise reduziert werden. Unabhängig davon erfreuen sich die Fördermittel, insbesondere der KfW, zur energetischen Sanierung wachsender Beliebtheit. Hier ist offenbar ein richtiger Ansatz gegeben.
Notwendig wäre allerdings, dieses Instrumentarium weiter und vor allem technologieoffen in Bezug auf alle Brennstoffe auszubauen und zu vereinfachen und, auch wenn die Kassenlage mal wieder wie im letzten Frühjahr eng wird, kontinuierlich zur Verfügung zu stellen. Die Verunsicherung der Verbraucher bei der letztjährigen Unterbrechung des Marktanreizprogrammes (MAP) ist allen noch in bester Erinnerung.
Freiwilligkeit statt Zwang verspricht auch hier, im Gegensatz zum „müssen“ und „sollen“, die größten Erfolgsaussichten. Das scheint sich auch im Baden-Württembergischen Landesumweltministerium herumgesprochen zu haben. Im Erfahrungsbericht zum EWärmeG, der 2011 veröffentlicht wurde, heißt es: „Die derzeitigen Möglichkeiten, den Pflichtanteil zu erhöhen, werden von den am Erfahrungsbericht beteiligten Akteuren weitgehend zurückhaltend bewertet. Insbesondere die Auswertung der Antworten von Herstellern, Verbänden und Forschungsinstituten … zeigt, dass eine Verschärfung der Anforderungen derzeit noch nicht empfohlen werden kann.“ Diese kam dann jedoch 2014.
Geschrieben für Brennstoffspiegel. Der vollständige Beitrag ist nur in der Ausgabe 09/2011 zu lesen. Für diesen Blog aktualisiert. Zum kostenfreien Probeabo geht es hier.
Das EWärmeG zielt nicht darauf den Sanierungsstau im Heizungskeller noch sonst wo aufzulösen. Es soll „lediglich” den erneuerbaren Anteil bei der Heizungssanierung langfristig erhöhen, ohne die Kunden stark zu belasten oder die Heizungssanierung erheblich zu erschweren.
Ansonsten würde es SanierungsstaufAuflG heißen oder ähnlich 😉
Dass man mit einer Förderung (MAP) eher einen Stau auflösen kann als mit einem Gesetz liegt in der Natur der Sache.
Das MAP wird vom Bund finanziert – daher steigt die Quote im ganzen Bundesgebiet.
BW erhöht über die L‑Bank die Zuschüsse zur energetischen Gebäudesanierung und ist deswegen vorne dran in D. was die Inanspruchnahme von KfW-Förderungen in diesem Bereich betrifft.
Der altbackene Artikel von 2011 ist sehr schwer verständlich.
Der Stand ist längst überholt:
Das Gesetz für Neubauten heißt inzwischen EEWärmeG und kommt vom Bund.
Die Novellierung des EWärmeG in Baden-Würrtemberg fand 2015 statt (nicht 2014).
Warum hat sich der Autor nicht wenigstens die Mühe gemacht die KfW-Zahlen der letzten vier Jahre aufzuarbeiten? Die sind verfügbar! Dann hätte er gesehen, dass Baden-Württemberg bei der energetischen Sanierung vorne liegt was die Nutzung von KfW-Zuschüssen betrifft.
Diese Fakten haben zwar relativ wenig mit der Sanierungsquote und dem EWärmeG zu tun. Umso mehr fragt man sich, warum diese Themen im Artikel vermischt werden.
Interessant wäre neben der – allgemein stagnierenden – Sanierungsquote vor allem, ob das EWärmeG und seine Novellierung tatsächlich bei der Wärmewende etwas bringt? Die überwiegende Zahl der Sanierungsexperten in Baden-Württemberg glaubt jedenfalls daran.
Der Beitrag zeigt den Stand von 2011. Die Sanierungsquote ist auch danach in Baden-Württemberg zumindest bis 2014 nicht besser geworden. Hierzu gibt es belastbare Zahlen vom BDH. Erst ab April 2015 gibt es einen Anstieg bei den Ssnierungen, aber eben nicht nur in BW. Dies ist aber eher ein Zeichen, dass das MAP gegriffen hat. Das EWärmeG hat nach wie vor nicht bewiesen, dass es etwas effektiv gegen den Sanierungsstau im Heizungskeller beigetragen hat, auch wenn das nicht sein allererstes Ziel ist.