Ab 2017 sollen intelligente Stromzähler sogenannte „Smart Meter” in Deutschland Pflicht werden. Erhofftes Ziel davon ist eine bedarfsgerechte Steuerung des Stromnetzes. Diese Umstrukturierung trifft unter Verbrauchern auch vermehrt auf Kritik. Haus XXL hat sich diesbezüglich im Dezember 2015 mit zwei Experten unterhalten. Prof. Dr.-Ing. Ulrich Greveler ist Professor für angewandte Informatik an der Fakultät Kommunikation und Umwelt der Hochschule Rhein-Waal und Dr. Micheal Schmidt. Er ist Geschäftsführer der RWE Metering GmbH.
Gastbeitrag von Haus XXL
Erklärt: Was bedeutet „Smart-Meter“ für den Laien
Für viele Verbraucher ist das Thema Smart Meter nach wie vor eine eher unbekannte Größe. Daher stellte Haus XXL eingangs die Frage, wie Sie Laien Smart-Meter und deren Vorteile am besten erklären würden.
Michael Schmidt berichtet, dass die Produktion der klassischen Stromzähler mit Drehscheibe zum Ende 2015 eingestellt wird. Sie werden sukzessive durch elektronische Zähler ersetzt. „In Verbindung mit einem Gateway, das den Zähler kommunikationsfähig macht, wird er dann zum Smart Meter, zum intelligenten Messsystem.“ Laut dem Gesetzentwurf zur Digitalisierung der Energiewende ist geplant, Smart Meter erst ab einem jährlichen Stromverbrauch von 6.000 Kilowattstunden einzusetzen. Kunden mit geringerem Verbrauch erhalten ebenfalls einen elektronischen Zähler, allerdings ohne Gateway.
Wesentlicher Vorteil laut Schmidt ist es, dass die intelligenten Messsysteme einen einfacheren Blick auf den Energieverbrauch ermöglichen. So werden dem Verbraucher explizit Energiesparpotentiale aufgezeigt. Ein Wunsch, der unter den Kunden verstärkt wahrgenommen wird.
Ulrich Greveler erklärt: „Smart Meter ermitteln Verbrauchsmengen und ‑zeiten von Strom, Gas und Wasser und übermitteln diese Daten an Versorger, Netzbetreiber oder sogenannte Messstellenbetreiber.“
Nachgeschaut: Vorteile auf das Alltagsleben der Verbraucher
Die intelligente Messtechnik bietet laut Schmidt eine Visualisierung des Stromverbrauchs. „Die transparente Darstellung ermöglicht es zum ersten Mal dem Kunden sich in Echtzeit mit seinem aktuellen Stromverbrauch auseinander zu setzen – und das sogar vom Sofa in seinem Wohnzimmer aus.“ Eine Ambition, die noch mehr zum Energiesparen motivieren soll.
Laut Ulrich Greveler würden es viele Kunden begrüßen, wenn die obligatorische Ablesevorgang entfällt. Zudem ändert der Einbau der Geräte subjektiv im Alltagsleben des Verbrauchers nichts. Sie erhalten lediglich die Möglichkeit ihr Verbrauchsverhalten bestens zu analysieren. Nicht zu vergessen ist jedoch: es handelt sich hier um sensible Daten und die Schutz dieser hat oberste Priorität.
Rückschritt in der Liberalisierung des Strommarktes?
Der Kabinettsentwurf sieht einen Einbau von einem Smart Meter erst ab einem Jahresstromverbrauch von 6.000 Kilowattstunden vor. Für Schmidt bedeutet dies, dass ein Smart Meter auch nur dort eingebaut wird, wo ein hohes Energiesparpotential vorhanden ist.
Für Greveler hätte bereits in der Vergangenheit einiges besser laufen können. Die Einführung von Smart Metern wurde als eine Art „Zwang“ unter den Verbrauchern eingeführt. „Zwänge führen zu einer ablehnenden Haltung von Smart-Metering“. So verprelle man sich nur viele Verbraucher.
Sensibles Thema: Datenerhebung
Ein derzeit präsentes Thema ist die Datenerhebung. Das Gesetz geht dabei vom Grundsatz der Datensparsamkeit aus und erhebt somit nur Daten, die zur Erfüllung der entsprechenden Aufgaben nötig sind. „Die Anforderungen an Datenschutz und ‑sicherheit sind sehr hoch – höher als zum Beispiel beim Home-Banking“ erzählt Michael Schmidt.
Ulrich Greveler würde sich eine rechtliche Stärkung der Verbraucher wünschen. Künftige technische Lösungen werden zeigen, inwieweit die Datensparsamkeit berücksichtigt wird. „Und: Sanktionen sollten nicht fehlen!“ Für Greveler wäre das eine optimale Lösung für alle Beteiligten. Leider hält sich der Gesetzgeber hier nach wie vor sehr bedeckt.
Hilfreich nur für die Wirtschaft?
Abschließend stand die plakative Aussage im Raum „Das Smart-Meter nutzt nicht dem Verbraucher sondern der Wirtschaft“. So könnten beispielsweise Daten über die Fernsehnutzung oder die Nutzung anderer elektronischer Geräte für Hersteller von Interesse sein.
Michael Schmidt räumt jedoch ein: „Vor Rückschlüssen auf die Lebensgewohnheiten brauchen Kunden jedoch keine Angst zu haben, so etwas wird es in Deutschland nicht geben.“ Angeblich stellen unter anderem Gesetzesvorgaben sicher, dass Daten nur an berechtigte Person weiter gegeben werden.
Ulrich Greveler gibt zu, mit dieser Aussage nicht komplett falsch zu liegen. Denn: Wenn die Verbraucher nur zusätzliche Kosten für Kauf, Installation und Wartung von Smart Metern spüren und keinerlei Vorteile – vor allem finanzieller Art durch Energiesparmaßnahmen, ist die Enttäuschung groß. Gewinner sind dann nur die Hersteller elektronischer Geräte, die mittels Smart Metering Rückschlüsse über das Nutzerverhalten der Verbraucher bekommen.
Der Praxistest wird es zeigen. Weiterhin wird die Datensicherheit ein Dauerthema bleiben.
Das vollständige Interview vom 23.12.2015 finden Sie auf haus-xxl.de.
1984 lässt Grüßen. Wenn die Möglichkeit besteht, von Ferne diese Daten abzugreifen, dann sind wir nicht mehr weit davon weg, dass per Gerichtsbeschluss Wohnungen auch über den Stromverbrauch überwacht werden können.
Na ja – mich wahrscheinlich eher nicht, da mit PV + Stirlingmotorheizung (in Planung für 2016) der Strom erzeugt und in sehr großen Batterieanlage (20/16kWh/3x5kW WR, >3000kWh/a)gespeichert (Überschüsse werden eingespeist), und nur noch Gas bezogen wird. Und auch da wird es nichts zu sehen geben, die Wärme wird in einem Pufferspeicher zwischengelagert. Das führt dann zu ziemlich langen Laufzeiten (z.B. 9h Ein, 7h Aus), aus denen z.B. WW Nutzung zeitlich nicht herauszulesen ist.
Um den eigenen Verbrauch zu analysieren, reicht auch ein einmal gekaufter Zähler, den man entsprechend intelligent macht. Wer eine PV Anlage hat, beschafft sich dafür z.B. nen sma Homemanager.
Zu mir kommt auch seit Jahren kein Ableser mehr, da ich mindestens vierteljährlich meine Verbrauchsdaten über Netz beim Versorger eintrage.
Über Änderungen an der Anlage und sich daraus ergebenden Änderungen des Bezugs informiere ich den Versorger zeitnah, z.B. die Isolierung des Hauses, was die Reduzierung des Gasverbrauchs von 28.000kWh/a auf 9.000kWh/a zur Folge hatte. Ich kann mir schon vorstellen, dass bei einem solchen Einbruch der Liefermenge jeder Computer Amok läuft.
Andererseits kann ich aus der Ferne sehen, wann und wie oft mein Sohn duscht, wann er zu Hause ist, wann an der Uni etc. . Aus Verlaufsdaten kann man sehr viel herauslesen… ein smart metering, das über die einmalige Übertragung des Zählerstands pro Jahr hinausgeht, macht die meisten Verbraucher zu gläsernen Menschen !!!
LG jogi54