Die moderne Architektur und der Anspruch von Umweltverträglichkeit bedarf mitunter ungewöhnliche Lösungen, wenn es um die Gebäudeversorgung geht. In der Berliner Katharinenstraße wurde Ende 2015 ein Wohnhaus fertig, das mit einer Fassade aus viel Glas und wenig Stahlbeton geplant wurde. Im Sommer hat jedoch der hohe Glasanteil einen entscheidenden Nachteil: Die insgesamt 50 Wohnungen mit einer Gesamtfläche von 4680 m² heizen sich schnell auf. Um dem Anspruch an gehobenes Wohnen gerecht zu werden, bedarf es einer Kühlung die auch hohe Spitzen abdecken muss. Und: Für den größtmöglichen Teil, so wollte es der Bauherr, sollten umweltfreundliche und regenerative Energien eingesetzt werden, um den Standard als KfW-Effizienzhaus 70 zu schaffen.
Aus mehreren Gründen fiel die Wahl auf Geothermie. Dabei war jedoch eine weitere Hürde zu nehmen: Die Preise für Wärmepumpenstrom sind in Berlin rund dreimal so hoch wie die für Gas. Also musste eine Anlage her, die so wenig wie möglich fremden Strom benötigt oder diesen mittels Eigenerzeugung kompensiert. Die Lösung dafür ist ungewöhnlich und wurde von der Berliner Firma Geo-En entwickelt. Im Groben besteht die Anlage aus zwei auf Geothermie basierenden Speicher-Systemen, Wärmepumpen (ein Beitrag zu deren Bedeutung für die Wärmewende findet sich hier bei meinen Blogger-Kollegen von Energiezukunft) und einem Blockheizkraftwerk (BHKW).
Das Geothermie-System kann als klassisch beschrieben werden. 16 Sonden mit Doppel-U-Form wurden 100 m tief in die Erde gebohrt. Dort herrschen im Winter rund 7 °C, die über die Wärmepumpen für die Beheizung mittels Fußbodenheizung auf 35 °C gebracht werden. Gleichzeitig wird ein Speicher beladen, der das ganze Haus mit Warmwasser versorgt.
Bodenplatte als Kältespeicher
Im Sommer wird die Wärme aus dem Haus in den Boden zurückbefördert. Dabei steigt die Temperatur des Erdreichs auf rund 11 °C. Das reicht für die Kühlung aus: Durch die Wärmeabgabe der Wohnungen im Sommer „erhitzt“ sich der Wasserkreislauf auf 20 °C und wird durch das Erdreich auf 16 °C herunter gekühlt. Zeitgleich kann die überschüssige Wärme des Gebäudes unter Nutzung der Wärmepumpe zudem den Warmwasserspeicher aufheizen. Den Strom für den 29-kW-Wärmeerzeuger liefert ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk, dessen Abwärme ebenfalls zur Brauchwassererwärmung eingesetzt wird.
Die nur wenige Stunden des Tages auftretenden hohen Kühllasten benötigen einen leistungsfähigen Zwischenspeicher. Hierfür wurde die 70 cm starke Bodenplatte aus Stahlbeton der im 2. Untergeschoss liegenden Tiefgarage genutzt. Die Speicher ebene bildet damit die unterste Ebene des Hauses und umfasst in mehreren Zonen das gesamte 1334 m² große Fundament. Dieses wird von der zweiten Wärmepumpe mit einer Nennleistung von 44 kW aktiviert. Um die Bauabläufe – insbesondere bei dem Einbringen der Stahlarmierung – nicht zu stören, wurden die Rohrschlangen vergleichbar wie bei einer Fußbodenheizung direkt auf der Sauberkeitsschicht verlegt. Messketten sorgen für eine regelmäßige Überwachung der Temperatur des Bodenplattenspeichers in mehreren Ebenen.
Gekürzt. Geschrieben für IKZ Fachplaner. Erschienen in 01/2016. Der komplette Beitrag ist auch hier online zu lesen.
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