Quasi aus der Luft wird sunfire in Dresden hergestellt. Foto: Sunfire

Alter­native Kraft­stoffe im Praxisvergleich

von | 18. März 2016

Biokraft­stoffe sind umstritten. Ihr Absatz in Deutschland liegt zwar konstant mit rund 3,5 Mio. Tonnen bei rund 5,2 Prozent am gesamten Sprit­ver­brauch. Doch die Herkunft von Bioethanol und ‑diesel ruft immer wieder Wider­spruch hervor. Die Branche sucht deswegen nach neuen Wegen. Werden diese auch für den Energiehandels-​Mittelstand gepflastert sein?
Die neuen Bio-​Kraftstoffe der 2. Gene­ration dienen in erster Linie dem gleichen Zweck wie die alten: der Substi­tution von Diesel und Benzin. Kein Wunder, werden diese noch die nächsten Jahr­zehnte den Mobi­li­täts­sektor prägen. Allein aufgrund ihrer hohen Ener­gie­dichte ist dies unver­zichtbar. Deswegen erscheint ein Ersatz aus rege­ne­ra­tiven Quellen, aber eben mit ähnlichen physi­ka­li­schen und chemi­schen Para­metern mehr als ange­bracht. Generell sind drei Herstel­lungs­ver­fahren denkbar, die teils indus­triell, teils in Test­an­lagen genutzt werden – Hydrierung aus Pflanzen- und Altfetten (HVO), Power-​to-​Liquid (PtL) und Biomass-​to-​Liquid wie etwa Bioethanol aus Stroh (BtL).

Diesel aus Pflan­zenölen und Altfett

Der finnische Biokraftstoff-​Pionier Neste setzt seit Jahren schon auf Kraft­stoffe aus Pflan­zenölen und Abfall­fetten, also auf HVO. Der so gewonnene rein paraf­fi­nische Kraft­stoff entspricht chemisch gesehen einem Shell GTL und dient als Dieselersatz. …

Für das Blending wird der als NExBTL bekannte Kraft­stoff auch jetzt schon genutzt, und zwar mit 400.000 Tonnen in Deutschland. In Öster­reich und Schweden wird er auf Grund der dortigen Geset­zeslage als Rein­kraft­stoff für LKW und Busflotten einge­setzt. Die ersten Auto­her­steller haben HVO oder paraf­fi­ni­schen Diesel nach der Vornorm EN 15940 frei­ge­geben. Eine Verwendung in der chemi­schen Industrie sei ebenfalls vorstellbar, so Dörr. Immerhin werden schon 2,4 Millionen Tonnen jährlich produziert. …

Sunfire aus der Luft

Ebenfalls als Diesel­sub­stitut ist Sunfire konzi­piert. Die Dresdner entwi­ckelten einen Kraft­stoff auf PtL-​Grundlage und nutzten dabei die Erfah­rungen des pleite gegan­genen Unter­nehmens Choren. Einfach gesagt sollen mittels Strom und Elek­trolyse aus Luft und reichlich C02 Kohlen­was­ser­stoffe entstehen.

Genutzt wird dabei die rever­sible Hochtemperatur-​Elektrolyse, die von Sunfire entwi­ckelt wurde. Großer Unter­schied zur klas­si­schen Elek­trolyse: Zur Erzeugung des Wasser­stoffs wird nicht flüssiges Wasser, sondern Wasser­dampf bei Betriebs­tem­pe­ra­turen von 800 Grad Celsius verwandt. Dieser Teil wurde gemeinsam mit dem Flug­zeug­her­steller Boeing erprobt. Daran schließt sich eine Fischer-​Tropsch-​Synthese an. Die dabei entste­hende Abwärme wird wiederum zur Verdampfung des Wassers eingesetzt. …

Bislang wird dieser Blue Crude genannte Kraft­stoff noch nicht vermarktet. Es läuft aber seit gut einem Jahr ein Pionier­projekt mit Audi. Die Ingol­städter haben einen ersten Teil der ersten Produktion von Sunfire-​Diesel erhalten. Daher gab es auch die Betan­kungen von Diesel-​Autos in Deutschland und der Schweiz. Derzeit liegen noch keine Lang­zeit­er­fah­rungen mit dem PtL-​Diesel vor. …

Stroh zu Ethanol

Aus Stroh Gold spinnen, oder zumindest Bioethanol, der dann Benzin beigemischt wird, kann man in Straubing. Dort hat die schwei­ze­rische Clariant AG seit 2012 eine vorkom­mer­zielle Anlage laufen und produ­ziert mittels der eigen entwi­ckelten sunliquid-​Technologie Zellulose-​Ethanol, eben jenen Kraft­stoff der 2. Gene­ration, der nur aus Pflan­zen­rest­stoffen, die ohnehin anfallen, herge­stellt wird. Die Anlage ist auf 1000 Tonnen „Stroh­benzin“ oder genauer Zellulose-​Ethanol im Jahr ausgelegt, für rund die 4.500 Tonnen Agrar­rest­stoffe, darunter auch Zuckerrohr-Bagasse,
benötigt werden. …

Im letzten Jahr wurde ein Mix von 20 Prozent sunliquid-​Zellulose-​Ethanol und 80 Prozent Super-​Benzin getestet. Deutsch­lands Premium-​Hersteller Mercedes-​Benz stellte dafür eine Flotte zur Verfügung. Durch seine erst­klas­sigen Verbren­nungs­ei­gen­schaften glich der sunliquid-​Treibstoff die geringere Ener­gie­dichte aus und redu­zierte gleich­zeitig die Parti­kel­emis­sionen um die Hälfte. …


Geschrieben für Brenn­stoff­spiegel. Der voll­ständige Beitrag ist nur in der Ausgabe 03/​2016 zu lesen. Zum kosten­freien Probeabo geht es hier.

Einen Beitrag über den aktuellen Stand weltweit bei der Elektromobilität,dem anderen großen Energiewende-​Treiber im Mobi­li­täts­sektor, hat mein Energieblogger-​Kollege Björn Katz hier auf dem Blog Strom­aus­kunft verfasst.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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