Drei Stühle, zwei Meinungen zur Energiewende: Die Ministerpräsidenten Reiner Haselhoff, Bodo Ramelow und Dietmar Woidke (von links). Foto: Urbansky

Ostdeut­sches Ener­gie­forum: Drei Stühle, zwei Meinungen

von | 31. August 2016

Gestern öffnet das Ostdeutsche Ener­gie­forum zum 5. mal seine Pforten. 

2012 ins Leben gerufen, um der ostdeut­schen Wirt­schaft eine einheit­liche Stimme gegenüber der bundes­deut­schen Ener­gie­po­litik zu geben, dreht es sich immer noch um die gleichen Fragen: zu hohe Netz­ent­gelte (die tatsächlich um 20 % höher liegen als in den Altbun­des­ländern und somit ein ekla­tanter Wett­be­werbs­nachteil in Industrie und produ­zie­rendem Gewerbe darstellen) sowie die Kraft der Braun­kohle. Denn auch die gilt es zu vertei­digen, ist sie doch aus Energieforums-​Sicht die einzig verläss­liche Quelle nach dem Atomausstieg.

Für diese Strategie rückte zahl­reiche Poli­tik­pro­minenz an. Drei Minis­ter­prä­si­denten, Bodo Ramelow für Thüringen, Reiner Haseloff für Sachsen-​Anhalt und Dietmar Woidke für Bran­denburg, zwei Landes­mi­nister mit Christian Pegel für Mecklenburg-​Vorpommern und Thomas Schmidt für Sachsen, lagen fast immer auf dieser Linie.

Neue Erkennt­nisse

Dennoch wagten insbe­sondere Ramelow, Pegel und Schmidt immer mal wieder einen Blick in die ener­ge­tische Zukunft. Die wird nun mal keineswegs in riesigen Strom­trassen liegen und in sehr großen Strom­erzeugern, sondern mehr in dezen­tralen Lösungen. Ramelow würde gern die 1,5 Mrd. Euro für Redispatching-​Kosten gern weg haben und diese für dezen­trale Verbräuche verwenden.

Schmidt prophe­zeite gar das Ende der Braun­kohle, wenn es denn effi­ziente Speicher gebe. Er verglich das mit einer Ketchup­flasche, auf die man drauf klopfe und am Anfang nur kleine Kleckse gäbe. Doch dann käme der große Blubb. „Wir sind gerade vor dem großen Blubb, was Speicher betrifft“, so Schmidt. Worte, die von seinem Dienst­herrn Minis­ter­prä­sident Stanislaw Tillich vor Jahres­frist an gleichem Ort nicht zu hören waren.

Pegel hob auf das Internet der Energie ab und prophe­zeite große Fort­schritte in der Sektorkopplung.

Vertei­digung der Braunkohle

Ganz anders hingegen die Minis­ter­prä­si­denten der Braun­koh­le­länder Sachsen-​Anhalt und Bran­denburg. Sowohl Haselhoff als auch Woidke prophe­zeiten der Braun­kohle noch einen langen Nutzungs­kor­ridor, der eine bis zu 20 Jahren, der andere 30 bis 35 Jahren, und baten um mehr Zeit für die Ener­gie­wende. Schließlich hätten die ostdeut­schen Länder schon geliefert mit ihrem sehr hohen Eigen­anteil an Produktion und Verbrauch bei den Erneu­er­baren Energien, hinter denen die Altbun­des­länder hinterherhinkten.

Das ist zwar richtig, wird aber den Zug in eine neue Ener­gie­wirt­schaft kaum aufhalten. Denn Rück­sicht­nahmen sind in der immer schnell­le­bi­geren Ener­giewelt nicht mehr zu erwarten.


Über den Strom­ta­rif­dschungel, der auch der odstdeut­schen­Wirt­schaft zu schaffen macht, schreibt Energieblogger-​Kollege Björn Katz hier auf seinem Blog Stromauskunft.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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