Grundlage für Smart Rediness ist eine smarte Messung und Steuerung. Foto: Urbansky

#digiE­wende Was bringt die Digi­ta­li­sierung der Heizung

von | 17. November 2016

Digi­ta­li­sierung der Ener­gie­wende heißt auch Digi­ta­li­sierung im größten Ener­gie­ver­brauchs­be­reich. Und der heißt in Deutschland: Wärme. Was kann die Digi­ta­li­sierung von Heizung und auch Kühl­technik bringen? 

Dieser Beitrag erscheint innerhalb der Blog­parade #digiE­wende der Energie­blogger. Mehr dazu hier.

Erst einmal zu den möglichen Einspar­po­ten­zialen, die eine Digi­ta­li­sierung der Heizung mit sich bringen könnte. Das Fraun­hofer Instituts für Bauphysik (IBP) hat für Familien im Neubau 17 Prozent und im Bestand 18 Prozent geringere Verbräuche ermittelt Bei Senioren sind es 22 (im Bestand 20) Prozent und bei Singles 40 (im Bestand 35) Prozent. Bei der Heizung ist also ein Vorteil für Haus­be­sitzer und Mieter zu erwarten – im Gegensatz zum Strom, wo wegen der Standby-​Verbräuche, die intel­li­gente Strom­ver­braucher benötigen, sogar mit wach­senden Verbrauchs­mengen gerechnet wird.

Alles ist messbar

Eine intel­li­gente Heizung wird via Kommu­ni­ka­ti­onsnetz wie dem Internet einge­bunden. Funk­tionen und Parameter können in Echtzeit ermittelt und angezeigt werden. Dazu gehören folgende Betriebs­zu­stände und Parameter:

  • Verbrauch
  • Heiz­be­trieb
  • Zirku­lation
  • Nacht­ab­senkung
  • System­tem­pe­ratur
  • Außen­tem­pe­ratur
  • Zeit­pro­gramme

Gesteuert kann dieses, da netz­an­ge­bunden, via Smarthome mittels App oder am Computer mittels Portal, aber auch natürlich an entspre­chenden Displays beim Verbraucher.

Der große Vorteil der Netz­ge­bun­denheit: Auch Spezia­listen wie SHK-​Handwerker oder Hersteller können, falls vom Bereiber gewollt, auf die Daten zugreifen. Sie können unge­wöhn­liche Verbräuche und Verläufe erkennen, Rück­schlüsse auf fehler­haften Betrieb oder Defekte ziehen. So kann der Kunden­dienst aktiviert oder der Fehler eventuell sogar aus der Ferne behoben werden. Daten­spe­zialist Bernd Wenzel von Viessmann verglich die Möglich­keiten mit der Behandlung von Krebs. Wenn man so früh wie möglich Abwei­chungen erkenne und Fehler behebe, können man die Anlage recht­zeitig opti­mieren und repa­rieren, Verschleiß hinaus­zögern und Ausfälle verhindern.

Wetter steuert Heizung

Da auch die Wetter­daten selbst prognos­tisch verwendet werden können, ist hier auch eine Verbrauchs­op­ti­mierung vorstellbar. Insbe­sondere bei Hybrid­hei­zungen, die entweder mit Solar­thermie oder Photo­voltaik betreiben werden, ist etwa die Sonnen­ein­strahlung wichtig.

Hier kann eine intel­li­gente, weil digi­ta­li­sierte Heizung jeweils auf den Ener­gie­träger zurück­greifen, die gerade am güns­tigsten verfügbar ist. Gleiches gilt für Wärme­pum­pen­strom, der bei preis­lichen Tief­ständen Strom beziehen und nutzen kann. Doch hierfür fehlen noch recht­liche und wirt­schaft­liche Rahmen­be­din­gungen.

Sicherheit bleibt Problem

Intel­li­gente Heizungen brauchen Netze oder Clouds. Und das ist auch einer der Schwach­punkte. Gerade erst wurden in Finnland Heizungen en masse gehackt. Letztes Jahr fiel im September das Telekom-​eigene Smart-​Home-​System Qivicon aus. All das schafft kaum Vertrauen bei den sehr vorsich­tigen deutschen Verbrau­chern. Das konsta­tiert auch Sicher­heits­spe­zialist Kaspersky Lab.

Absolute Sicherheit wird es in diese Bereich, wie in allen anderen, nie geben. Dennoch müssen hier Lösungen gefunden werden, mit der die Verbraucher und Betreiber leben können. Ansonsten hat es die Digi­ta­li­sierung der Heizung schwer.


Ein Beitrag zu den Chancen von Smart Home, eine Voraus­setzung für die intel­li­gente und digi­ta­li­sierte Heizung im Eigenheim, findet sich hier von Energieblogger-​Kollege Martin Schlobach auf Strom­aus­kunft.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

1 Kommentar

  1. jogi54

    Mag sein, dass bei schlecht isolierten Häusern mit hohem Verbrauch und rel. geringen Spei­cher­massen eine Einsparung möglich ist. Dann sollte man aller­dings erstmal in die Redu­zierung des bedarfs inves­tieren, statt in Spielkrams.

    Bei gut isolierten Häusern mit großer Spei­cher­masse ist jede Absenkung (im Stun­den­be­reich) kontra­pro­duktiv – die Abkühlung erfolgt kaum, so ist auch ein Minder­ver­brauch durch geringere Verlust kaum zu erreichen. Außerdem braucht man für die Aufheizung dann höhere, und somit weniger effektive Vorlauftemperaturen.

    Beispiel zum fast Kopfrechnen:
    Gut isoliertes EFH, Spei­cher­masse 24kWh/​K, Heiz­bedarf bei AT=0°C RT=20°C: 2,0kW
    6h Absenkung durch Abschaltung der Heizung
    Tempe­ratur am Ende der Absenkung: (2kW*6h)/24kWh/K =0,5K => 19,5°C
    mittlere Tempe­ratur während der Absenk­phase: 20°C – 0,5K/2 = 19,75°C

    Einsparung: (119,75°C/20,0°C)*2000W *6h = 150W + 6 x 20W =120W Heizungspumpe
    gesamt 270W,was 0,27kWh/12kWh = 2,25% entspricht

    Dagegen zu rechnen ist, dass die 12kWh ja wieder in die Spei­cher­massen einge­spei­chert werden müssen, um die ursprüng­liche RT zu erreichen.
    Dazu muss man dann z.B. 6h mit 4kW, oder 3h mit 6kW, also deutlich höheren Leis­tungen (als die 2kW) heizen.
    Bei 860l/​h (20W Ener­gie­spar­pumpe) entspricht 2kW einer Spreizung von 2K.
    Für 4000W ergibt sich eine Spreizung von 4K.
    Bei einer Wärme­pumpe verschlechtert sich der COP für jedes K mehr VL Tempe­ratur um ca. 34%.
    Berechnet man das mit einem COP von 4,0 bei 2kW, sind es bei 2K mehr und ‑3%/K (Fall 6h mit 4kW) nur noch ein COP von 3,76, es werden dann in 6h 382Wh mehr verbraucht.
    Im Fall 6kW innerhalb von 3h ergibt sich ein COP von 3,52 und ein Mehr­ver­brauch von 613Wh.

    In beiden Fällen hat man mit einer Absenkung nichts gewonnen, sondern sogar Energie verloren.

    Das Optimum erreicht man bei Flächen­hei­zungen durch einen peniblen hydraulischen/​thermischen Abgleich ohne Einzel­raum­regler und einer konstanten Beheizung mit einer genau passenden Heizkurve.

    Das jedoch kann jede bessere Heizungs­steuerung. Einzig eine Über­wa­chung auf Abwei­chungen müßte bei der einen oder anderen Steuerung noch dazu­pro­gram­miert werden.

    Smart Grid Ready wirkt dann ggf. lediglich auf die Heizkurve und hebt diese um einen festen Betrag (z.B. 0,5K) an, wenn es günstigen Strom gibt. Dadurch wird dann auto­ma­tisch etwas mehr Wärme produ­ziert und in die Spei­cher­massen des Gebäudes eingelagert.

    Ich weiß nicht, wozu man all dieses smarte Spielzeug dann noch braucht 😉

    LG jogi

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